2022

Literatur und soziale Gerechtigkeit

Die Häuser der Literatur nähern sich dem Themenfeld „Soziale Gerechtigkeit“ in unterschiedlichsten Vorhaben. Die Vielfalt reicht von gesellschaftspolitischen Essays über Hörstücke und Theaterprojekte bis hin zu Schreibprojekten mit Kindern und jungen Menschen. Dabei werden die Projekte von Kollektiven oder einzelnen Autor*innen betreut.

Die Projekte auf einen Blick


2022

Adalbert-Stifter-Institut des Landes Oberösterreich / StifterHaus – Linz

Thomas Arzt © Adalbert-Stifter-Institut des Landes Oberösterreich / StifterHaus – Linz

Spuren von Gerechtigkeit. Eine literarische Suche in Oberösterreich

Der oberösterreichische Autor Thomas Arzt wurde vom StifterHaus beauftragt, einen längeren literarischen Text zu verfassen. Er setzte sich darin sowohl mit historischen als auch mit gegenwärtigen Spuren sozialen Aufbegehrens auseinander. Zudem wurden (utopische) Versuche einer gerechteren Welt sowie ihr permanentes Scheitern untersucht. Der Autor präsentierte seinen Text prozessbegleitend per Video sowie bei einer Veranstaltung im Juni 2022 im StifterHaus.

 

2022

Alte Schmiede – Wien
Literaturhaus Wien
Österreichische Gesellschaft für Literatur – Wien

Project Morrinho, Foto: Austin Jabari Freeman, CC

Altersarmut, Geschlechterdiskriminierung, prekäre Arbeitssituationen

Die Wiener Häuser der Literatur befassen sich 2022 mit diesen Dringlichkeiten der Gegenwart und regen zur öffentlichen Diskussion an. Autor*innen sind eingeladen, sich diesen Themen wahlweise in Essays, Kurzprosa, Lyrik oder dramatischen Werken zu nähern. Die gedruckten Texte werden im Laufe der kommenden Monate im STANDARD/Album zu lesen und anschließend gesammelt in handlichen Lesebändchen in den einzelnen Häusern erhältlich sein. Drei Veranstaltungen zu den gewählten Themenfeldern möchten zudem weitere Debatten anregen.

2. Februar 2023, 19:00 / Literaturgesellschaft: Podiumsdiskussion zur ‚Altersarmut‘, mit Verena Dürr, Andreas Renoldner und Cordula Simon; Moderation: Stefan Gmünder

10. November 2022, 19:00 / Literaturhaus Wien: Podiumsdiskussion zur ‚Geschlechterdiskriminierung‘, mit Bettina Gärtner, Petra Ganglbauer und Sandra Gugic; Moderation: Mia Eidlhuber

25. Oktober 2022, 19:00 / Alte Schmiede: Podiumsdiskussion zur ‚Einkommenssituation von Autor*innen‘, mit Jopa Jotakin, Ilse Kilic und Andrea Stift-Laube; Moderation: Wolfgang Straub

STANDARD-Beitrag zur Altersarmut – eingeladen von der Österreichischen Gesellschaft für Literatur

Andreas Renoldner über Alterseinsamkeit und ein Pflegesystem, das die Menschen im Stich lässt

Die Autorin Cordula Simon fasst permanente Überlastung in Worte.

Verena Dürr über Altersarmut

Zu Cordula Simons Text ist begleitend ein Kurzfilm entstanden.

Cordula Simon: »Ich bin das Licht«

 

2022

Literaturhaus am Inn – Innsbruck

© Yeti

Kindermund.
Zaubersprüche, Mutsprüche, Bannsprüche.

Volksschule Hötting West

Kindermund – Eröffnung einer Kunstausstellung

 Zaubersprüche gegen die Krise

„Kindermund“ gibt Kindern eine Stimme

Im Projekt „Kindermund“ entstanden im Rahmen einer Schreib- und Kunstwerkstatt selbst gestaltete Plakate mit Sprüchen und Kurztexten, die – in Zeiten der Krise – eine positive Grundstimmung vermitteln sollen und sich vor allem an Kinder richten. Das Projekt wurde mit einer vierten Klasse der Innsbrucker Volksschule Hötting West, mit der Autorin Elisabeth R. Hager und dem Künstler Christian Yeti Beirer durchgeführt. Plakate und Postkarten entstanden, die im öffentlichen Raum aufgehängt und verteilt wurden.


2022

Literaturhaus Graz

Egon Christian Leitner © Peter Ch. H. Stachl

Was jetzt, was tun?

Der Grazer Autor Egon Christian Leitner beteiligte sich auf Einladung des Literaturhaus Graz und verfasste mehrere Beiträge zum Thema „Literatur und soziale Gerechtigkeit“. Unter dem Titel „Was jetzt, was tun?“ wurden sie von Jänner bis Mai 2022 auf der Homepage des Literaturhauses Graz sowie auf der mitSprache-Website veröffentlicht.Im Juni fand zudem eine Veranstaltung mit Egon Christian Leitner im Literaturhaus Graz statt.


2022

Literaturhaus Mattersburg

Petra Piuk © Hans Wetzelsdorfer / Bildrecht

Systemrelevant

Das Literaturhaus Mattersburg realisierte zum Themenfeld „Soziale Gerechtigkeit“ gemeinsam mit der Autorin Petra Piuk Schreibworkshops für Jugendliche. Ein halbes Jahr lang arbeitete die Autorin mit dreizehn Jugendlichen zwischen 15 und 18 Jahren, die von der Ausbildungsinitiative Jobfabrik der Volkshilfe Wien betreut werden.

Ohne Schreiberfahrung entstanden im gemeinsamen Austausch mit Petra Piuk Texte über Zukunftsängste, Einsamkeit, familiäre Probleme, Gewalt, Drogensucht, Hoffnungen und Träume. In spielerischen Übungen, Chatgruppen, interdisziplinären Techniken mit Fotografie und Collagen, dem Experimentieren mit Erinnerungen und Textsorten haben sich für die beteiligten Jugendlichen – teils auch zu ihrer eigenen Überraschung –Möglichkeiten aufgetan, die eigenen Ausdrucksmöglichkeiten zu erweitern, Interessen und vor allem eine eigene künstlerische Stimme zu entdecken.

Wir bedanken uns bei allen, die bei diesem Projekt dabei waren!

 

2022

Literaturhaus Salzburg

© Bernhard Müller

„Die im Dunkeln sieht man nicht“* – Außenseiter*innen, Wortarbeiter*innen

*Bertolt Brecht, Die Dreigroschenoper (1928)

Das Literaturhaus Salzburg hatte Menschen, die sich in sozialen Grenzsituationen bewegen, sowie Jugendliche und junge Erwachsene eingeladen, in eigens eingerichteten Begegnungs- und Schreibwerkstätten Texte zum Thema Wertschätzung & Würde in Zeiten von Konkurrenz- und Existenzkampf zu verfassen.

Die Straßenzeitungsverkäufer*innen wurde von den Schüler*innen ausführlich interviewt, die anschließend – und unter Anleitung von Birgit Birnbacher und Christina Repolust – darüber schrieben. Doch nicht die verfassten Beiträge standen im Mittelpunkt der Initiative, sondern die Gedanken des Austauschs und der sozialen, politischen Utopie.

Umgesetzt wurde das Projekt gemeinsam mit der Salzburger Straßenzeitung „Apropos“.


2022

Robert-Musil-Institut / Musilhaus – Klagenfurt

Simone Schönett und Harald Schwinger © Eva Asaad

Gini-Index. Ein mehrteiliges Hör-Essay.

Initiiert von Simone Schönett und Harald Schwinger

Um sich der „Soziale Gerechtigkeit“ anzunähern, begeben sich die beiden Autor*innen Simone Schönett und Harald Schwinger auf eine eher surreale Ebene, denn: Was ist soziale Gerechtigkeit? Kann es sie überhaupt geben? Hat es sie jemals gegeben? Und wird es sie jemals geben? Bedeutet sie für jeden Menschen nicht etwas anderes? Oder gibt es die eine gemeinsame (Un)Gerechtigkeit? Menschen aus unterschiedlichsten Lebensbereichen wurden befragt, ihre Stimmen in einen Textkorpus integriert, von Schauspieler*innen eingelesen und mit Klangelementen verdichtet. – Viel Vergnügen beim Hören.

 

Textausschnitt 1

Die digitale Zeit kennt kein Rauschen. Kennt kein Zwischen-den-Sendern. Kennt keinen Raum dazwischen.

Kennt nur: Klare Sender, klare Sprachen, klare Manifestationen, klare Positionen, klare Wahrheiten, klare Welten, klare Identitäten, klare Töne.

Jeder Ton ein klarer Ton. Ein harter Ton. Ein rauer Ton. Ein unmissverständlicher Ton. Ein unversöhnlicher Ton.

Aber die Gerechtigkeit liegt im Dazwischen. Im Rauschen. Im Nichtmanifesten.

Sie liegt zwischen den Klarheiten.

Sie liegt zwischen all den Tönen.

Textausschnitt 2 Schönett/Schwinger

Entwickeln, sich entwickeln?

Eine schwere Geburt.

Wegen dieser Kaltherzigkeit, die wir uns selbst entgegenbringen. Wegen des Niederholzens, bis die Tränen fließen. Bis unser Blut verstaubt. Ohnmächtig stehen wir Sprachmenschen vor der Schlachtung der Ewigkeit.

Wir werden die Selbstreflexion ins Museum stellen.

Sie auf Nadeln spießen – als totes Insekt.

Samt Denken. Fühlen. Handeln.

Wir werden nichts mehr hinterfragen.

Den Totalschaden werden wir stolz in Glasvitrinen packen.

Und mit höhnischen Blicken bedenken.

 

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